Samstag, 19. März 2016
Bei 130 ist Schluss
Meine heutige Deutsch-Klausur:

Ich sagte noch zu meinem Bruder: "Ich fahre schon manchmal knapp 200 km/h, aber nur, wenn es mir erlaubt ist und wenn ich alleine im Auto bin." An jenem Tag saß ich aber mit Max im Mietwagen und habe Gas gegeben: 180 km/h - 200 km/h - 220 km/h - 228 km/h
Ist das fahrlässig? Ist das mutig? Ist das Umweltverschmutzung? Ist das einfach der Adrenalin-Kick?
Deutschland steht für Ordnung, Sicherheit und vor allem für Massen von Schildern und Regeln. Und ausgerechnet in unserem Land ist es auf vielen Autobahnabschnitten erlaubt, sehr schnell zu fahren. Ich bin mir sicher, dass gerade Deutschland eine solche Regelung nur dann aufstellt, wenn es seiner Risiken bewusst und dem Erhalt der Ordnung zuträglich ist.
Ich kenne die Gegenargumente: Es gäbe weniger Todesfälle bei Autounfällen. Mein Lösungsvorschlag: Das Tempolimit auf 50 km/h auf allen Straßen heruntersetzen, dann gäbe es noch weniger Todesfälle bei Autounfällen oder eigentlich noch besser wäre es, das Autofahren generell zu verbieten, weil es dann überhaupt keine Todesfälle bei Autounfällen mehr gäbe. Ich bin ehrlich, dieses Argument überzeugt mich nicht. Denn ich kann mich immer fragen: Wo ziehe ich die Grenze? Und ist diese Grenze dann wirklich an der richtigen Stelle gesetzt? Was macht eine Stelle zu einer richtigen Stelle?
Ein anderes Gegenargument beschreibt die höhere Umweltbelastung. Ist auch wieder diese Sache mit dem "richtigen Setzen einer Grenze", aber trotzdem stichhaltiger. Die Umweltbelastung ist eindeutig höher bei höheren Geschwindigkeiten. Aber bevor ich jetzt die Autobahnausfahrt in Richtung "Wir sollten ein Tempolimit einführen" nehme, fahre ich lieber mit hoher Geschwindigkeit weiter in Richtung "Lasst den Autofahrern doch ihre Freiheit".
Gerade in unserem Land sind wir durch Gesetze und Regeln so eingeschränkt, dass ein "erlaubtes Rasen" hier nicht hineinzupassen scheint und gerade deshalb ist es - ohne Hohn und Spott - ein Privileg für die Autofahrer.
Man sollte eben sehr aufpassen bei der Auswertung von Unfallstatistiken! Wie viele Verkehrsopfer sind dann noch übrig, wenn wir nur die betrachten, die ums Leben gekommen sind, weil an ausdrücklich erlaubten Stellen schnell gefahren wurde und daraus ein Unfall resultierte? Jedes Unfallopfer ist eines zu viel. Wir müssen die Statistiken, mit deren Hilfe wir argumentieren, trotzdem sorgsam beurteilen.
Bevor ich zu meinem letzten, aber wichtigsten Argument komme, noch ein kleines zwischendurch: Unsere Welt hat an Geschwindigkeit zugenommen, ganz deutlich. Wir alle haben jeden Tag tausend Termine, zu denen wir pünktlich erscheinen wollen oder müssen. Das Rasen auf bestimmten Streckenabschnitten erlaubt zu lassen, trägt zu dieser Entwicklung bei, weil wir schneller von A nach B kommen.
Und ich sage es ausdrücklich dazu: Ob das gut oder schlecht ist, dass unser Leben immer schneller wird, ist jetzt nicht Gegenstand meiner Aussage, nur d a s s es so ist, darüber müssen wir nicht streiten.
Ich arbeite in der Tourismusbranche. Ich verdiene mein Geld damit, dass Menschen reisen. Viele Menschen reisen nach Deutschland, um erlaubt rasen zu dürfen. Diese Menschen, wir wissen nicht genau, wie viele es tatsächlich sind, kurbeln unsere Wirtschaft an. Das erlaubte Rasen ist ein Alleinstellungsmerkmal unseres Landes und als Medienfachwirt und Touristiker will und muss ich das unterstützen, dass uns dieses Alleinstellungsmerkmal erhalten bleibt!
Ich saß an jenem Tag also nicht alleine im Auto und trotzdem bin ich sehr schnell gefahren. Und da endet diese kleine Geschichte aber auch, nicht mit einem Unfall. Die Dinge auf dieser Welt gehen viel öfter gut aus und nicht schlecht - vergessen wir das nicht!

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