Montag, 4. November 2013
Das Leben ist 'ne Zugfahrt
Wie viele Vergleiche mit dem Leben gibt es eigentlich? Unzählige: Life is a rollercoaster. Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Das Leben ist ein Spiel. Das ganze Leben ist ein Quiz. Usw.
Wir wissen auch, was das Leben nicht ist: Das Leben ist kein Zuckerschlecken und schon gar kein Ponyhof!
Wenn ich persönlich darüber nachdenke, mit welchem Bild das Leben am besten beschrieben werden kann, dann ist es eine Zugfahrt. Die Geschwindigkeit ist unterschiedlich. Manchmal rast das Leben wie ein ICE und manchmal kommt man sich vor wie in einer alten Bummelbahn. Das Leben hat viele Haltestellen. Manche Menschen steigen ein. Menschen, die wir neu kennenlernen und uns auf unserer Zugfahrt durchs Leben ein Stück begleiten. Andere Menschen steigen aus und verlassen uns. Manchmal wissen wir schon, dass eine Person an der nächsten Haltestelle aussteigen wird, aber meistens steht sie einfach auf und verlässt den Zug, ohne sich vorher zu verabschieden. Der Lebenszug hält nur einmal an jedem Bahnhof und kehrt nicht wieder zurück. Und wenn wir meinen, eine Person ist nach vielen Jahren wieder hinzugestiegen, so war sie in Wirklichkeit nur in einem anderen Teil des Zuges. Der Zug hat keinen Rückwärtsgang, denn das Leben verläuft immer nur vorwärts und an den Haltestellen bleiben die meisten Menschen sitzen. Begleiten uns weiter auf unserer Fahrt.

Dieses Bild vom Leben als eine Zugfahrt erzählt noch mehr: Der Zug besteht aus einzelnen Abteilen. Irgendwo vorne im Zug sitze ich selbst und um mich herum meine engsten Vetrauten, also die Personen, mit denen ich schon lange gemeinsam unterwegs bin. Dann gibt es Abteile, in denen sich die Menschen befinden, die ich nur ab und zu treffe. Und ganz hinten im Zug sitzt mein leiblicher Vater. Er ist eigentlich Teil meines Lebens und doch gibt es keinen Kontakt. Er sitzt so weit weg von mir und den Menschen um mich herum, dass er nichts von mir und meinem Leben weiß und ich nicht von ihm und doch fährt er mit.
Ich kann mich frei in diesem Zug bewegen und manchmal schaffe ich es vielleicht sogar, den Zug selbst zu steuern. Natürlich ist die Richtung vorgegeben, sodass das Leben in gewissen Bahnen läuft, aber ich komme immer wieder auch zu Weichen, an denen ich entscheiden kann, wohin die Reise führt - aber eben nur dann, wenn ich selbst den Zug unter Kontrolle habe. Häufig sind es andere Dinge, die den Verlauf meiner Lebensreise bestimmen. Dann sitze ich nur im Zug und lasse mich leiten. Dann bin ich aber auch mehr unter Menschen und weniger mit mir selbst beschäftigt. In den letzten Jahren hat es mit Sicherheit auch Streckenabschnitte gegeben, bei denen meine frühere Freundin das Steuer meines Zuges in ihren Händen hielt. Nicht aus böser Absicht heraus, sondern weil ich sie ließ!

Wohin geht die Reise? Welche Haltestellen werden als nächstes angefahren? Wer wird einsteigen? Wer wird aussteigen? Ich bin sehr froh darüber, dass meine frühere Freundin nicht ausgestiegen ist, sondern lediglich mir das Steuer wieder überlassen hat. Ich bin sehr froh darüber, dass sie mich auf meiner Zugfahrt weiterhin begleitet. Nicht mehr als
m e i n e Freundin, aber als e i n e Freundin. Und glaubt mir, es ist mehr verloren gegangen als nur ein Buchstabe!? Die gemeinsamen Jahre unserer Beziehung haben nicht nur mich, sondern auch die Zugfahrt geprägt. Ich bin durch wundervolle Landschaften gefahren und es war eine große Freude, aus dem Fenster zu schauen. In den letzten Wochen fahre ich mehr durch eine Art Industriegebiet. Es riecht nach Baustelle, wenn man das Fenster öffnet und die Luft scheint etwas schmutzig zu sein.
Der Zug des Lebens fährt manchmal durch einen Tunnel. Dann ist es dunkel und wir erkennen nicht, wohin es geht. Wir schauen aus dem Fenster und sehen nichts als uns selbst. Wir werden nicht abgelenkt durch idyllische Landschaften oder schneebedeckte Berge, sondern wir haben Zeit, uns selbst und die Menschen um uns herum zu betrachten. Bin ich gut vorbereitet auf das, was nach dem Tunnel kommen wird? Habe ich die richtigen Menschen bei mir, die im Zweifel auch die Notbremse ziehen würden?
"Am Ende des Tunnels kommt das Licht", sagt man.

Was aber, wenn es Nacht ist?

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Akrobatik im Zug
Ein Zug wackelt und vibriert, kein ruhiger Ort, etwas, das niemals still steht ... und doch schaffen es manche Insassen, darin kleine Kunsstücke zu vollbringen. In Momenten vollkommener Entspannung, hervorgerufen durch monotonen Sprechgesang in immergleichen, wiederkehrenden (Wochen-)Zyklen.
Wahre Meisterwerke der Statik und Baukunst, geschaffen von ruhiger Hand eines gelangweilten Zuhörers, lediglich bestehend aus kleinen, energiegeladenen Einheiten in ungerader Zahl.

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